Bericht Flutkatastrophe, Stand 04. März 2022

Die letzte Woche verbrachte ich in Ahrweiler. Der Himmel war blau, die Sonne lachte unentwegt vom Himmel, auch wenn die Temperaturen durchweg kalt war. Die Stimmung im Städtchen war eine andere als noch wenige Wochen zuvor. Die Menschen haben ihre Hoffnung zurückgewonnen und sind zuversichtlich, dass es wieder schön – ja wieder gut werden kann. Auch wenn der Weg bis dahin nach wie vor noch weit ist, denn «normal» ist eigentlich noch nichts im Tal.


Auf einer Facebookseite lese ich das Wort vom «improvisierten Alltag». Viele haben sich an die Situation gewöhnt, in der sie jetzt leben.


Wer eine geflutete Wohnung oder ein geflutetes Haus hat, wohnt noch nicht wieder drin, sondern improvisiert: Ferienwohnung (irgendwo), auf der trocken gebliebenen Etage, bei Freunden, auf kleinem Raum, in Tiny-Häusern...


Arztpraxen, Apotheken, Schulen, Kindergärten, einige Geschäfte – sie sind wieder offen und funktionieren: in Containern, in Zelten, in Übergangseinrichtungen...


Die Strassen (die noch da sind) sind alle wieder zu benutzen und weitgehend sauber. Aber die Spuren der 1000 Kopflöcher für die Gasversorgung sind zu sehen, die Schlaglöcher noch da und die Kanalisation muss noch grundsaniert werden.


Die Fussgängerzone mit ihren einst so schmucken Fachwerkhäuser ist noch «leer». Lediglich am Tag trifft man hier und da Bekannte, die an ihren Häusern und Geschäften arbeiten. Es gibt noch keine Geschäfte, keine Cafes und Restaurants – das heisst ganz wenige, einzelne: improvisiert. Sonst immer noch der Anblick von verbretterten oder zersplitterten Schaufenstern, Sandhaufen und Baustellen, Handwerkerautos, wo sonst Sonnschirme, Tische und Stühle der Cafes und Restaurants standen.


Das Leben geht weiter – improvisiert mit improvisierten Joggingstrecken, improvisierten Trampelpfaden, improvisierten Begegegnungsräumen, improvisierten Gottesdiensträumen...


Es wurde viel erreicht und das Gesicht des ursprünglichen Ahrweilers wird wieder erkennbar, wenn auch langsam.


Etliche Notbrücken ermöglichen es, von eine Ahrufer zum anderen zu gelangen, die Bahn fährt streckenweise wieder, erste Rasenflächen im öffentlichen Raum sind eingesät, über 100 farbige Blumenkübel mit leuchtend bunten Frühlingsblumen aufgestellt, einzelne Wanderer steigen am Bahnhof aus dem Zug und ziehen mit Rücksäcken und Wanderstöcken in die Weinberge.


Die Stimmung ist zuversichtlich und hoffnungsvoll. Eine alte Frau sagt mir mit einem weisen Glanz in den Augen: «Auch wenn es noch lange dauern wird: es wird wieder gut. Ahrweiler steht wieder auf».


:Kerit, das Zelt neben der Friedenskirche wird immer gemütlicher und belebter. Über die Karnevalstage ist es liebevoll mit bunten Ballons geschmückt. Die an den Karnevalstagen im Rheinland obligatorischen Berliner und «Chräbeli» stehen auf den Tischen, es herrscht eine heitere Stimmung im Zelt, die Gäste geniessen ihr Mittagessen, einige nehmen es in Gläsern mit nach Hause.

Zu Aschermittwoch lädt :Kerit zum traditionellen Fischessen ein. Es gibt Heringe in Sahnesause, das Zelt und die Tische sind entsprechend dekoriert.

Da die Sonne vom Himmel lacht, werden von den engagierten Freiwilligen die Gartenmöbel aufgestellt, der rote Sonnenschirm sorgt für einen einladenden Blickfang von der Strasse aus. :Kerit hält was es verspricht: hier findet man sich an einem Ort zum Dasein wieder. Die Atmosphäre ist freundlich, Gastfreundschaft wir gross geschrieben, jede und jeder ist willkommen. Die freiwilligen leisten Grossartiges.

Im Inneren schmückt jetzt eine durch Spenden finanzierte Grünpflanze das Zelt. Der Wunsch nach zwei mit bunten Blumen bepflanzten Blumenkübeln als Entrée zum Zelt ist der grosse Wunsch der Freiwilligen. Die Idee wird von den Gästen sehr begrüsst. Unsere Kirchgemeinde finanziert durch die Spenden unserer Kirchgemeindeglieder :Kerit diesen Wunsch und bringt so Farbe ins Leben der durch die Flut betroffenen Menschen.


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